1000 LEAFLETS / 1000 FLUGBLÄTTER
mixed media on cotton rag paper / diverse Techniken auf Büttenpapier, ca 29,5 x 20,5 cm
mixed media on cotton rag paper / diverse Techniken auf Büttenpapier, ca 29,5 x 20,5 cm
1000 cyanotypes / 1000 Cyanotypien , Ausstellungsansichten 2020/21
Als Flugblatt bezeichnet man ein meist rechteckiges Stück Papier, das eine Mitteilung transportiert und in großer Auflage verbreitet wird. („Flugblätter abwerfen“).
Diese Mitteilungen bestanden früher (ab dem späten Mittelalter) aus Illustrationen und Texten gedruckt als Holzschnitt. „Vier Themenbereiche dominierten bei den Flugblättern: Sensationen und Wunder; katechistische Unterweisungen und Läuterungen, Seelentrost und Erbauung und schließlich politische und militärische Nachrichten und Informationen. Die illustrierten Flugblätter entwickelten auch erste Formen der Karikatur und diente außerdem oft zum Aufruf, zu einer Stellungnahme oder zu Warnungen. Die frühen illustrierten Einblattdrucke waren also boulevardeske Informationsmedien, produziert zum Zwecke des Geldverdienens. Mit politischer Agitation hatten sie selten etwas zu tun. Dies änderte sich erst ab der Reformationszeit nach 1500.[…] Besondere Bedeutung als Mittel des politischen Widerstandes erlangten die Flugblätter im Deutschland der 1940er Jahre durch die Geschwister Scholl und die Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose. Vom Sommer 1942 bis zu ihrer Verhaftung durch das deutsche Nazi-Regime im Frühjahr 1943 erstellten und verbreiteten sie 6 Flugblätter, in denen sie zum Widerstand gegen den nationalsozialistischen Terror aufriefen.“ (Quelle: wikipedia)
Die Flugblätter von Katja Ebert-Krüdener existieren zwar ebenfalls in großer Auflage, aber jedes Flugblatt ist ein Unikat: dies beginnt schon bei dem leeren Blatt, einem handgeschöpften Büttenpapier, welches durch den Entstehungsprozess bedingt eine einzigartige, unverwechselbare Struktur (Fingerabdruck) besitzt. Jedes Blatt hat in etwa die Größe des DinA-4 Formats. Innerhalb des Blattes ist jede Technik erlaubt: Zeichnung, Collage, Malerei mit Aquarell-, Acryl- oder Ölfarbe, Monotypie und (in einem neuen Projekt) auch Cyanotypie. Jedes Blatt soll sowohl für sich alleine als Werk funktionieren als auch in die Gesamtinstallation sinnvoll integrierbar sein.
Die Installation orientiert sich dabei an den Beschaffenheiten des Ausstellungsortes. Sie erobert den Raum, indem sie die Ausstellungswände mit einem tabellenförmigen Raster überzieht und die Zellen dialogisch mit den „passenden“ Blättern füllt. Der Ordnung der Wandinstallation ist das Chaos der auf dem Boden liegenden Blätter entgegengesetzt: diese Flugblätter haben entweder noch keinen Ort an der Wand gefunden oder ihre Zelle schon wieder verlassen, um einem anderen Werk Platz zu machen. Es handelt sich im Grunde demnach nicht um eine statische Arbeit, sondern um eine dynamische Installation, die auch als Performance verstanden werden soll: sowohl die Größe (Höhe/Breite) des Rasters als auch die an der Wand und auf dem Boden gezeigten Flugblätter werden von der Künstlerin stetig neu strukturiert und damit in ihrem Gesamterscheinungsbild verändert. (Im Ausstellungskontext wäre ein dialogisches Eingreifen der BesucherInnen erwünscht).
Es stellen sich dabei folgende Fragen: welche Anordnung ist „die Optimale“? Kann man überhaupt ein System finden, in dem ganz unterschiedliche Individuen harmonisch neben- oder sogar miteinander koexistieren können? Wie viel Freiraum (Leerstellen) sind nötig für eine ästhetisch befriedigende Gesamterscheinung? Macht es Sinn, Untergruppen zu bilden? Können diese sehr bescheidenen leichten Papiere, die als Einzelstück schon wegen ihrer Fragilität und Kleinheit eher unscheinbar sind im Schwarm einen (musealen) Raum derart erobern, dass sie monumentalen schwergewichtigen Skulpturen paroli bieten können?
1000 cyanotypes - 1000 Cyanotypien (Auswahl)
Blaudruck, Beistift, Buntstift und Tinte auf Büttenpapier, 2019-2022
Blaudruck, Beistift, Buntstift und Tinte auf Büttenpapier, 2019-2022
Einzelne Flugblätter aus dem Entstehungszeitraum 2015-2022 (Auswahl)